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Neobiota, auch „Aliens“ genannt, sind nicht heimische Pflanzen, Tiere, Pilze und Mikroorganismen, die nach 1492 (der Entdeckung Amerikas) aus anderen Weltgegenden zu uns kamen. Viele Tiere und Pflanzen wie Paradeiser, Mais oder Truthahn wurden absichtlich eingeführt. Andere Arten kamen unbeabsichtigt als blinde Passagiere in Handelsgütern wie Baumwolle, Wolle oder Saatgut, in Verpackungsmaterial oder im Ballastwasser von Schiffen.
Die allermeisten Neobiota, die sich bei uns ansiedeln konnten, machen keine Probleme für Natur, Gesundheit oder Wirtschaft. Von vielen haben wir profitiert, beispielsweise von Erdäpfel, Paradeiser und Sonnenblume, die ursprünglich aus Amerika kommen. Nur knapp ein Zehntel der 132 „Aliens“ unter den Pflanzenarten im Wiener Raum machen Probleme für die Gesundheit, im Naturschutz oder verursachen wirtschaftliche Schäden. Bei den Tieren sind es ca. 10 von 500 Arten. Die Probleme reichen von der Verdrängung heimischer Arten, der Übertragung von Krankheiten, von Allergien und Haut-Verbrennungen bis zu Ernteausfällen oder Schäden an Gebäuden und Verkehrswegen sowie hohen Folgekosten. Diese sich rasch ausbreitenden Problemarten heißen invasive Neobiota.
In Österreich sind derzeit etwa 20 Pflanzenarten als invasiv eingestuft. Götterbaum und Blauglockenbaum sind Gewinner der Klimaerhitzung. Die Samen können in jeder Ritze keimen. Die Bäume wachen mehrere Meter pro Jahr, verursachen Schäden an Gebäuden und Gehsteigen und verdrängen im Wald die heimische Baumartenvielfalt, die von hoher Bedeutung für die Klimawandel-Anpassung ist. Der Riesen-Bärenklau führt bei Berührung in Verbindung mit Sonnenlicht zu schweren Verbrennungen der Haut. Ragweed verursacht starke Allergien. An Gewässern verdrängen die dichten Bestände von Japanischem Staudenknöterich und Drüsen-Springraut die einheimische Pflanzenvielfalt und machen die Ufer instabil – ein großes Problem bei Hochwasser. Amerikanische Goldruten sind zwar schön anzusehen, bilden mit ihren winzigen Flugsamen und wuchernden Ausläufern außerhalb von Gärten rasch Reinbestände und verdrängen artenreiche, bunt blühende, insektenreichen Wiesen.
Etwa 500 Tierarten in Österreich sind „Aliens“. Nur wenige von ihnen verursachen derzeit stärkere Probleme, bei etwa 10% könnte das mit der Klimaerhitzung zukünftig noch kommen. Der wahrscheinlich gefährlichste Kandidat ist die Asiatische Tigermücke, die um die Adria bereits voll etabliert ist und auch bei uns schon vereinzelt gefunden wurde. Im Gegensatz zu den heimischen Gelsen fliegt sie auch tagsüber und überträgt „nebenbei“ gefährliche „Tropenkrankheiten“ wie West-Nil-Virus, Dengue-Fieber oder ZIKA-Virus.
Die Larven des Maiswurzelbohrers fressen an Maispflanzen und verursachen große Schäden in der Landwirtschaft. Der Asiatische Marienkäfer verdrängt einheimische Marienkäfer-Arten und ist problematisch für den Weinbau. Schon ein mitgepresster Käfer pro Kilogramm Weintrauben macht den Wein bitter. Als Krankheitsüberträger für die bedrohten einheimischen Flusskrebsarten sind amerikanische Signalkrebse und Marmorkrebse problematisch. Sie übertragen die Krebspest, die heimische Flusskrebse innerhalb kürzester Zeit tötet. Unter den Wirbeltieren bedrohen amerikanische Schmuckschildkröten heimische Wassertiere, Bisamratte und Nutria machen durch ihre Wühltätigkeit Ufer instabil.
Die Ausbreitung von „Aliens“ beginnt meist unbeabsichtigt. Daher kommt Bewusstseinsbildung zu problematischen Arten eine sehr große Bedeutung zu. Wenn Gartenbesitzer und Gemeinden keine invasiven Arten wie Goldrute und Blauglockenbaum für die Gartengestaltung verwenden und bewusster mit vorhandenen gebietsfremden Arten umgehen – z.B. Goldruten abschneiden und entsorgen bevor die Samen reif sind und keinesfalls Gartenabfälle in der Landschaft entsorgen – können viele Probleme verhindert werden. Asiatische Tigermücken vermehren sich in flachen Wasserstellen, wie Blumenuntersetzern oder Vogeltränken und entwickeln sich innerhalb von 7 Tagen. Das kann leicht verhindert werden, indem man das Wasser ein Mal pro Woche ausleert, gut ausbürstet – die Eier kleben knapp oberhalb der Wasseroberfläche - und die Gefäße ein paar Stunden trocknen lässt.
Gemeinden, Land- und Forstwirtschaft, Gartenbau, Imkerei, Fischerei, etc. können nach Möglichkeit einheimische oder unproblematische Arten verwenden und verhindern damit die unbeabsichtigte Ausbreitung durch Samen oder Pflanzenteile, etwa bei Erdbewegungen.
Treten invasive Neophyten doch irgendwo auf, ist eine möglichst frühe Bekämpfung wichtig, um den Aufwand dafür gering zu halten. Sind die Arten erst einmal etabliert, ist es viel aufwändiger und teurer einen Erfolg zu erzielen.
Darauf zielt auch die IAS-Verordnung der EU ab, in der besonders wichtige Arten angeführt sind, für die EU-weit ein Einfuhr-, Besitz- und Handelsverbot sowie die Verpflichtung der Mitgliedsstaaten zur Information und Bekämpfung gilt. Etwa alle zwei Jahre kommen Ergänzungslisten mit neu aufgenommenen Problemarten hinzu.
Über die kostenlose, internationale Naturforschungs-App iNaturalist (www.inaturalist.org) hat der Landschaftspflegeverein das Projekt „Neobiota Netzwerk Natur Region Thermenlinie - Wiener Becken“ [Link: www.inaturalist.org/projects/neobiota-netzwerk-natur-region-thermenlinie-wiener-becken] zur Meldung invasiver Neobiota in der Region Thermenlinie-Wiener Becken erstellt, in die jede/r unkompliziert mittels Fotos Sichtungen invasiver Neobiota melden und so die gezielte Bekämpfung erleichtern kann. Meldungen aus der Region werden dabei automatisch in das Projekt eingespeist. Die von Expert*innen verifizierten Daten werden gleichzeitig in eine internationale Forschungsdatenbank (GBIF) eingespielt und helfen so, Daten zur Verbreitung und Ausbreitung von Arten – natürlich auch heimischen – weltweit zu sammeln.
Eschen-Ahorn, Götterbaum, Blauglockenbaum, Lanzett-Aster, Glattblatt-Aster, Robinie, Schwarzfrucht-Zweizahn, Drüsen-Springkraut, Riesen-Goldrute, Kanadische Goldrute, Kanadische Wasserpest, Japanischer Staudenknöterich, Pennsylvanische Esche, Topinambur, Kanada-Pappel, Kleines Springkraut, Schmalblatt-Greiskraut, Ragweed und Riesen-Bärenklau
Signalkrebs, Marmorkrebs, Asiatischer Marienkäfer, Asiatische Tigermücke, Buchsbaumzünsler, Maiswurzelbohrer, Schmuckschildkröten, Waschbär, Nutria, Bisamratte, Goldfisch
Seit 2017 engagieren wir uns als gemeinnütziger Verein für die langfristige Sicherung der biologischen Vielfalt und Klimaschutz in der Region Wiener Becken – Thermenlinie. Dafür bauen wir gemeinsam mit zahlreichen Partnern die Netzwerk Natur Region Thermenlinie-Wiener Becken auf - ein regionales Netzwerk an Menschen und Organisationen, die sich gemeinsam mit Herz und Tatkraft für ein Netzwerk an wertvollen Naturflächen in ihrer Gemeinde und über die Gemeindegrenzen hinweg einsetzen. Davon profitieren Arten, Lebensräume, das Klima und wir Menschen.
Partner sind die regionalen Gemeinden in Niederösterreich, die Stadt Wien, Landwirt*innen, Vereine, Schulen, Privatpersonen, Unternehmen, Jägerschaft u.v.m. Neben der Begleitung bei der Anlage und Pflege artenreicher Grünflächen für biologische Vielfalt und Klimaschutz liegt einer unserer großen Schwerpunkte auf Pflegemaßnahmen zur Erhaltung bestehender wertvoller Naturflächen gemeinsam mit der Bevölkerung, mit Schulen und Unternehmen, intensiv begleitet von umfangreichen Naturbildungsaktivitäten, die den Menschen die Natur vor ihrer Haustüre wieder näherbringen. Aktuell sind wir in 25 NÖ Gemeinden und 2 Wiener Bezirken aktiv.
Nähere Infos unter dazu: www.landschaftspflegeverein.at; Instagram: landschaftspflegeverein