Winzerkapelle

Sonstige
Winzerkapelle

Die dreiseitige Kapelle, die 2006 geweiht wurde, ließ der Landwirt Josef Stockreiter (Hernsteinerstraße 99) unter Mitwirkung der Dorfgemeinschaft nach einem Plan von Prof. DI Arch. Günter Zeman (Wien/Hernstein) errichten. Finanzielle Unterstützung kam von der Gemeinde, der Raiffeisenbank, von Firmen und Privatpersonen. Das Grundstück stellte Marianne Stockreiter, Gattin des Baumeisters Ing. Josef Stockreiter, zur Verfügung.

Anlass für die Errichtung waren das Jubiläum „100 Jahre NÖ Bauernbund“ und der Wunsch nach Danksagung der Bauernfamilien von Lindabrunn.

Zeman hatte den Plan ursprünglich für die Vinzenzkapelle am Pecherlehrpfad Hernstein gezeichnet. Nun kam er hier zur Ausführung. Zwei mächtige Föhrenstämme beeindrucken an der Vorderfront. Als Stein wurde außen Lindabrunner Sandstein verwendet. Durch ein schmiedeeisernes Gittertor, das schusssicher verglast wurde, blicken wir in das Innere. Im Boden aus Sankt Margarethener Sandstein ist eine Glasplatte eingelassen. Sie deckt gewissermaßen ein Fass ab, in dem eine Urkunde zum Bau aufbewahrt wird. Auch Weinflaschen – ein Zeichen der Winzer – wurden hier abgelegt.

Ein weiteres Fass bildet den Fuß des Altartisches. Seitlich des Altars fallen zwei Secco-Wandmalereien auf, geschaffen von dem akadem. Maler Kurt Giovanni Schönthaler aus Muggendorf. Sie stellen den Hl. Urban, den Patron der Winzer, und die Hl. Radegundis dar. Diese Heilige wurde zur Erinnerung an eine ehemalige St. Radegundkirche oder -kapelle im Gebiet Lindabrunn – Matzendorf gewählt.

Das Bild zeigt eine königliche Gestalt, zu ihren Füßen einen Wolf. Die Königin Radegundis wird dargestellt als Königin oder als Nonne mit Krone zu ihren Füßen, Buch, Geißel, Klostermodell, zwei Wölfen, weil ihr die wilden Tiere gehorchten.

Radegundis, die Tochter des thüringischen Königs Berthachar wurde 531 vom Frankenkönig Chlotar I. als Geisel ins Frankenreich entführt. 536 zwang er sie, ihn zu heiraten. Als Chlotar 555 ihren Bruder ermorden ließ, flüchtete Radegundis und gelangte schließlich nach Poitiers, wo sie 560 ein Frauenkloster gründete, das bald Ziel vieler Wallfahrer wurde. Nach einer Kreuzreliquie erhielt das Kloster den Namen Ste-Croix, später wurde es nach der Gründerin Ste-Radegonde genannt.

In ihrem Kloster verbrachte sie die letzten 30 Jahre ihres Lebens in Gebet, Buße, Studium und Ausübung tätiger Nächstenliebe, indem sie für Arme und Kranke sorgte. Sie wurde nicht nur Patronin der Töpfer und Weber, sondern auch gegen Aussatz, Geschwüre, Krätze.

Bekannter ist der Hl. Papst Urban I., der Patron des Weins, der Weinberge und der Weinbauern.

Nach einer Legende soll er angeordnet haben, dass Kelch und Patene beim heiligen Messopfer aus Silber oder Gold gefertigt sein müssten. Daher erhielt er als Attribut einen Kelch. Dieser wiederum ließ ihn zum Patron der Weinbauern werden, die ihm eine Weintraube in die Hand gaben. Dass er Schutzpatron des Weines wurde, mag aber mit seinem Fest am 25. Mai zusammenhängen, einer Zeit, in der die Weinstöcke in unseren Breiten die ersten Blüten ansetzen.

Die Entwicklung des Weines hängt von diesem Datum ab, und so war es der Hl. Urban, dessen Segen die Weinbauern erbaten.

Im Innenraum wird besonders deutlich, dass der Grundriss der Kapelle ein Dreieck ist, Symbol für die Hl. Dreifaltigkeit.

Das neue Heiligtum „Winzerkapelle“ wird wiederholt genützt. Jedes Jahr wird hier eine Maianadacht gefeiert. Auch Hochzeiten und alle zwei Jahre das Erntedankfest finden in und vor der Kapelle statt.

Winzerkapelle

Winzerkapelle innenAnmerkungen von Mag. Karl Schiehsl zur Winzerkapelle

Urban ist ein lateinischer Vorname und bedeutet übersetzt „Stadtbewohner“. Insgesamt trugen acht Päpste diesen Namen. Papst Urban der Erste war Papst von 222 bis 230, er wurde heilig gesprochen und feiert sein Fest am 25. Mai.

Besonders in Süddeutschland und in Tirol wurde Papst Urban als Patron des Weinbaues und der Winzer bekannt. Über sein Pontifikat ist nichts bekannt. Berichte über ein Martyrium sind erst nach dem neunten Jahrhundert entstanden, unglaubwürdig und beruhen auf sagenhaften Überlieferungen.
Im Volk hat sich in Deutschland im Laufe der Jahrhunderte verschiedenes Brauchtum entwickelt. Mancherorts hat man die Urbanstatue in einem guten Weinjahr sogar ins Wirtshaus gestellt und ihr zugetrunken. Kirchliche und staatliche Stellen haben solche Missbräuche verboten.

Radegund ist ein alter deutscher weiblicher Vorname, althochdeutsch rat bedeutet Ratgeber, gund heißt Kampf, Radegunde ist also die Ratgberin im Kampf. Das „Heidekirchlein“ St. Radegund ist auf der Josephinischen Fassion aus 1770 ungefähr dort eingezeichnet, wo sich heute der Friedhof von Matzendorf befindet. Das Fest der heiligen Radegunde wird am 13. August gefeiert.
Die Heilige starb um 1290. Sie war eine Magd auf Schloss Wellenburg bei Augsburg, in dessen Nähe wurde sie bei einem Gang im Dienst christlicher Barmherzigkeit von Wölfen tödlich verletzt. An der Stätte ihres Todes wurde eine Kapelle errichtet, die von vielen Wallfahrern besucht wurde und in der sie beigesetzt wurde. Die Reliquien wurden 1812 in die Kirche zu Waldberg im Kreis Augsburg übertragen.

Frau Anni Kolp weiß zu berichten: Aus dem NÖ Sagenschatz aus dem Jahre 1924, gesammelt von Carl Calliano: Matzendorf: In frühesten Zeiten war eine Viertelstunde von Matzendorf (?) eine Kapelle gestanden, der Hl. Radegunde geweiht, mit einem Leichenhof, von der die Sage geht, dass sie ein französischer General zur Danksagung für eine auf diesem Platze gewonnene Schlacht und Erhaltung seines Lebens, das er im nahen Sumpfe beinahe verloren hätte, eines Gelübdes zufolge habe erbauen Jassen. 1783 wurde das kleine baufällige Kirchlein abgebrochen. Die Kapelle steht auf den alten Katastern dort, wo heute der Matzendorfer Friedhof ist.

Weinbau in Lindabrunn

Der Weinbau in Lindabrunn hat sicherlich eine sehr lange Tradition. Früher gab es viel mehr Weingärten als heute. Im Enzesfelder Herrschaftsurbar aus dem Jahre 1466 werden Rieden genannt, die heute verwaldet sind und wo schon lange kein Wein mehr gebaut wird. Auf den Südhängen des Rotensteiner Grabens (hier hat Herr Neitz vor Jahren sogar noch einen Weinstock entdeckt), der Großen Hasel und des Tiefentales, auch des Golddornberges. Auch im Marchgraben wurde Wein kultiviert. Noch nach dem Zweiten Weltkrieg gab es in Enzesfeld und in Lindabrunn je 40 Häuser, wo ausgesteckt wurde, also insgesamt 80 Heurige!

Mag. Karl Schiehsl († 2011)

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